Auch wenn bald schon die ersten Spekulatius in den Supermarktregalen stehen, wird es jetzt nicht weihnachtlich. Vielmehr geht es um die immer wiederkehrenden Daten, bei denen man manchmal erschrickt, wie schnell die Zeit doch vergeht.
Denn heute ist es fünf Jahre her, dass ein Foto in Europa für Aufregung sorgte. Aber leider ist von dem Foto und der damit verbundenen Aufregung nicht mehr viel übrig geblieben. Auf dem Foto war der leblose Körper von Alan Kurdi zu sehen, der an die türkische Küste geschpült worden war. Ein zweijähriger Junge, der einen sinnlosen Tod gestorben ist, der eigentlich sein Leben noch vor sich hatte und für den Europa Hoffnung bedeutete. Ich kann und ich will diesen Verlust gar nicht nachempfinden, denn ich weiß nicht, ob ich das aushalten könnte. Ich habe selber einen Sohn, der dieses Jahr seinen zweiten Geburtstag gefeiert hat. Ich will mir nicht vorstellen, ihn zu verlieren.
Das alles ist fünf Jahre her, aber das Elend der Geflüchteten dauert an. Eingepfercht in den Zwängen der Bürokratie und politischem Kalkül und als Spielball der Mächtigen warten immer noch tausende Kinder auf die Erfüllung ihrer Hoffnungen auf ein Leben, in dem sie wieder Lachen können. Sie warten an der türkischen Grenze oder in griechischen Flüchtlingslagern.Warum schreibe ich jetzt darüber? Ich schreibe, damit diese Kinder nicht vergessen werden in einer Zeit, in der ein anderes Thema die Schlagzeilen beherrscht. Ich schreibe, damit auch in Wermelskirchen das Schicksal der Geflüchteten nicht in Vergessenheit gerät. Und ich schreibe darüber, damit wir vielleicht gemeinsam etwas gegen dieses Elend tun können.
Vor einiger Zeit wurde versucht, etwas zu bewegen. Anfang des Jahres wurde in Wermelskirchen der Antrag in den Rat gebracht, sich einer Gruppe von Städten anzuschließen, die sich bereit erklären, jugendliche Geflüchtete auch über den gesetzlichen Verteilungsschlüssel hinaus aufzunehmen, sofern denn die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen worden sind. Welches Schmierentheater darauf von Seiten der CDU und besonders ihres Fraktionsvorsitzenden folgte, kann man an anderer Stelle nachlesen. Ich war damals dabei und saß als Zuschauer im Ratssaal (was ich im übrigen nur jedem mal ans Herz legen kann. Der Großteil der Sitzungen ist öffentlich und das sollte man einfach mal nutzen.). An diesem Tag stand für mich der Entschluss fest, wieder aktiver in der Kommunalpolitik zu werden, denn was ich gesehen und gehört habe, war erschreckend.
Kommunalpolitik sollte:
- Sich an den Bedürfnissen der Stadt und deren Einwohnern ausrichten. Es ist nicht die Aufgabe eines Stadtrates, über juristische Zuständigkeiten zu entscheiden. Dafür sind die Gerichte da! Wenn es im Rat mehr um Paragrafen geht, als um die Interessen der Wermelskirchener, dann läuft etwas falsch!
- Sich mit Ideen beschäftigen und nicht mit denjenigen, von denen die Ideen stammen! Eine gute Idee sollte nicht pauschal abgelehnt werden, nur weil man sich andernfalls eingestehen müsste, dass jemand anderes mal eine solche gute Idee gehabt hat. Es gibt im Stadtrat keine Koalitionen, auch wenn sich der eine oder andere Kommunalpolitiker schon als zukünftiger Landtagsabgeordneter sieht.
Übrigens, mittlerweile gibt es die rechtliche Grundlage für die Aufnahme von jugendlichen Flüchtlingen über den gesetzlichen Rahmen des Königsteiner Abkommens hinaus. Es wäre also an der Zeit, mal wieder darüber nachzudenken, ob wir alle als Kleinstadt nicht doch einen kleinen Teil dazu beitragen können, das Elend der Geflüchteten zu mindern. Damit solche Bilder wie vor fünf Jahren irgendwann vergessen werden können.